
“Wie schafft diese Frau das bloß?” – Bum! Ganz plötzlich spüre ich diesen dicken Kloß im Hals und muss fest schlucken. Jetzt bloß nicht heulen, ermahne ich mich. Ich weiß nicht, ob meine ältere Nachbarin A. meine innere Achterbahn der Gefühle mitbekommt, die ihre Worte ausgelöst haben, ich weiß nur, ich möchte schnell in meine Wohnung und ganz lange ganz tief ausatmen.
Mein neues Leben mit Baby und Kleinkind
Aber erst mal von vorne. Worum geht es eigentlich?
Auf dem Nachhauseweg von der Spielgruppe bin ich auf unserer Nachbarin A. gestoßen, mit der ich gerne immer mal wieder ein bisschen quatsche. Während wir uns also über die Kinder und den nächsten Urlaub unterhalten, fängt das Baby in der Trage an zu quengeln. A. streichelt dem Baby daraufhin übers Bein und erzählt mit, ihr 92-jähriger Mann meinte letztens in Bezug auf mich “Wie schafft diese Frau das bloß”. Damit meinte er natürlich, wie wuppe ich den Alltag mit zwei Kinder unter zwei. Und ja, was soll ich sagen: An schwierigen Tagen frage ich mich das auch.
Dieser Satz hat einiges in mir ausgelöst: Er tat nämlich unglaublich gut. Es war schön zu hören, dass es da draußen jemanden gab, der mich kaum kannte, und dennoch meine Anstrengungen mit Baby und Kleinkind wahrnahm.
Dass wir mehr als ein Kind haben möchten, war meinem Mann und mir relativ früh klar. Als Anfänger-Eltern hat es uns die kleine Raupe Nimmersatt aber auch wirklich nicht schwer gemacht. Sie war als Baby (fast) immer gut drauf und hat wirklich wenig geweint und gequengelt. Da wir es außerdem schön fanden, wenn unsere Kinder einen geringen Altersabstand haben, wollten wir wieder relativ schnell ein Baby.
Als die kleine Raupe Nimmersatt dann 9 Monate alt war, hatte ich bereits den positiven Schwangerschaftstest in der Hand und war überglücklich 🙂
Falls du selber zwei Kinder unter zwei hast oder es demnächst soweit sein sollte oder aber du überlegst, ob das eine gute Idee ist, dann möchte ich dir gerne von meinen Erfahrungen und meinem Alltag berichten.
Aller Anfang ist schwer - allerdings nicht so, wie ich dachte
„Gut, dass sie noch so klein ist. Ansonsten wäre das mit der Eifersucht ein großes Problem. Das beginnt aber meist mit drei“ – Zumindest meinte das meine Hebamme, als ich noch mit unserer kleinen Ella schwanger war. Und ja, daran musste ich oft denken. Wird die kleine Raupe Nimmersatt eifersüchtig sein? Wenn ja, wie und was wollen wir dann dagegen tun? Sie soll sich nicht an zweiter Stelle fühlen. Das wollten wir als Eltern unbedingt vermeiden.
Aber es kam zum Glück so, wie es meine Hebamme gesagt hat: Die kleine Raupe nahm das Baby sehr schnell und sehr gut in unseren kleinen Familienkreis auf. Am Morgen durfte ich nicht aufstehen, ohne das Baby mitzunehmen, das Baby musste laut Raupe überall mit hin. Sie wurde viel gestreichelt und liebevoll „Mimi“ genannt. Von nun an hieß es ständig „Mimi“ hier und „Mimi“ da. Das war schon richtig süß.
Ich muss allerdings auch sagen, dass mein Mann und ich fast schon versessen darauf waren, der Raupe so viel Aufmerksamkeit wie möglich zu schenken und ihr das Gefühl zu geben, dass sie nach wie vor genauso sehr geliebt wird. Das mag jetzt vielleicht blöd klingeln, aber ich kuschelte das Baby besonders dann ganz viel, wenn die Raupe abgelenkt war. Ich wollte vermeiden, dass sie das sieht und denkt, Mama hat das neue Baby mehr lieb. Dasselbe bemerkte ich auch bei meinem Mann.
Ein gute gemeinter Ratschlag meinerseits: Versuche das Kleinkind viel miteinzubeziehen, wenn es um das Baby geht. Lass es beim Wickeln mithelfen und vor allem an den Kuscheleinheiten mit dem Baby teilhaben. Unsere kleine Raupe hatte oft auch schon den Schnuller für das Baby parat und ein Kuscheltier, das sie immer neben das Baby legte.
Die kleine Raupe machte uns den Anfang mit Baby also zum Glück nicht schwer.

Bei mir sah es allerdings anders aus. Ich litt in der ersten Woche unter dem sogenannten Babyblues. Das wusste ich zu dem Zeitpunkt allerdings nicht. Erst als mein Mann irgendwann erleichtert meinte: „Du siehst jetzt viel besser aus. Einige Tage sahst du aus, als wärst du in eine komplette Schockstarre verfallen“.
Puhh! Genauso hatte ich mich gefühlt. Ein ständiges Hoch und Tief. Sah ich meine beiden Kinder an, war ich überwältigt von so viel Liebe und Dankbarkeit und wusste nicht wohin mit mir. Dann hatte ich wieder ein Gefühl der Angst, weil ich merkte, nichts wird wieder so sein wie davor. Und vor allem die Frage, wie wird es sein. Ich war gefühlsmäßig wirklich durch. Wenn ich alleine war, weinte ich, ohne den wirklichen Grund zu kennen. Ich fühlte mich einsam und allein, obwohl ich doch ständig von meinen Liebsten umgeben war. Es gab da jedoch eine Sache, die mir ständig durch den Kopf ging: Die Kennenlernzeit mit meinem Mann. Ich hatte ständig diesen sonnigen Märztag vor Augen, als wir jung und frisch verliebt waren. Und der Gedanke an genau diesen Tag schmerzte bittersüß.
Dieses Gefühlschaos war nach ungefähr einer Woche vorbei – zum Glück sag ich euch. Denn das kann einen wirklich fertig machen und darf nicht unterschätzt werden.
Unterwegs mit 2 unter 2: Neue Geschütze müssen aufgefahren werden
Früher, wenn es schnell gehen musste, schaffte ich es tatsächlich mich in fünf Minuten fertig zu machen und aus der Tür zu flitzen. Mit einem Kind und etwas Übung waren es dann 30 Minuten. Und mit zwei Kindern? – Eine Stunde! Mindestens! Bis die Wickeltasche neu sortiert ist, beide gewickelt und frisch angezogen sind, beide gefüttert und gestillt sind und schließlich auch ich mich passabel genug für die Welt außerhalb unserer vier Wände fertig mache, vergeht leicht und locker gerne mal eine Stunde.
Die Zeit kann ich natürlich verkürzen, wenn ich vorher schon weiß, wohin und wie lange wir unterwegs sein werden. Meist machen wir lange Spaziergänge, gehen auf den Spielplatz oder in die Stadt. Mal kurz für wenige Minuten mit beiden rausgehen mache ich nur dann, wenn wir vor dem Haus darauf warten, dass Papa von der Arbeit kommt. Da freut sich die kleine Raupe Nimmersatt immer besonders. Dann aber auch ohne Wickeltasche, mit Baby auf dem Arm und im Schlabberlook.
Mit zwei Kinder unter zwei raus zu gehen ist also wirklich kein Zuckerschlecken. Ich muss ehrlich gesagt auch jedes Mal schmunzeln, wenn meine Schwester fragt, ob ich spontan in die Stadt möchte, weil sie dort gerade etwas erledigen muss und wir noch einen Kaffee trinken könnten. Hach war das schön, als man noch schnell und spontan wohin konnte…
Aber ich möchte nicht meckern, denn wenn wir mal zu viert unterwegs sind, dann ist das so ein besonderes und schönes Gefühl. Unsere kleine Familie. Und mit zwei Erwachsenden läuft es natürlich auch viel einfacher und besser mit Baby und Kleinkind.

Mit zwei Kinder unter zwei lerne ich meine Grenzen neu kennen
Es gibt bestimmte Situationen, die ich mit zwei Kinder unter zwei besonders anstrengend und nervenaufreibend finde. Wie bereits erwähnt, das Raus gehen, das meist ewig dauert. Wobei ich das bis zu einem gewissen Punkt selbst in der Hand habe.
Was ich aber wirklich wirklich schlimm finde: Die Einschlafbegleitung und die fehlende Zeit für mich. Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wo ich anfangen soll. Vielleicht mit der Tatsache, dass Baby und Kleinkind selten gleichzeitig schlafen und wenn, dann steht das Baby nach 30 Minuten wieder auf. Oder der Tatsache, dass es Situation gibt, in denen ich nicht beiden gerecht werden kann. Zum Beispiel dann, wenn ich das Baby stille und die kleine Raupe in genau diesem Moment spielen möchte oder plötzlich Hunger bekommt. Dann wird an mir gezerrt und es wird geweint und gefordert. Ich muss mir in solchen Situationen auch immer wieder in Erinnerung rufen, dass die kleine Raupe ja eigentlich noch selbst fast Baby ist.
Als das Baby noch nicht krabbeln konnte hat die Einschlafbegleitung der kleinen Raupe am Mittag relativ gut geklappt. Während ich stillte, kuschelte sich die Raupe an mich und schlief meist schnell ein. Als das Baby dann allerdings anfing zu robben und sich hochzuziehen wurde es wirklich anstrengend. Sie ließ die Raupe nicht schlafen und umgekehrt war es nicht anders. Lagen wir also zu dritt im Bett, lachte und qietschte das Baby, was für die kleine Raupe Anlass genug war dasselbe zu tun. Manchmal fiel der Mittagschlaf sogar komplett aus – mich brachte das an meine absoluten Grenzen. Einmal ließ die Raupe den Mittagsschlaf an zwei Tagen nacheinander ausfallen. Da kam ich dann auch an Punkt der maximalen Erschöpfung. Darüber kannst du gerne auch mehr lesen: Ich kann nicht mehr – Wenn eine Mama an ihre Grenzen gerät.
1 Stunde am Tag nur für mich
Hätte mir eine Mama früher erzählt, sie schafft es nicht einmal ihren Kaffee in Ruhe auszutrinken oder es vergehen Stunden, bis sie mal in einen Spiegel schaut hätte ich mir sicherlich gedacht: Das geht doch nicht! 5 Minuten wird sie wohl Zeit für einen Kaffee haben, die übertreibt doch.
Und DOCH! Genauso ist es. Für Nicht-Eltern sicherlich schwer zu begreifen, aber mit zwei Kinder und zwei schaffe ich es manchmal wirklich nicht meinen Kaffee am Morgen ordentlich und ohne Unterbrechung auszutrinken. Einen Kaffee in Ruhe zu genießen ist für mich mittlerweile purer Luxus. Und genau diesen Luxus gönne ich mir, wenn ich es (mal) schaffe, dass beide Kinder gleichzeitig schlafen. Das sind meist 30 Minuten bis 1 Stunde am Tag. Wenn ich Glück habe, können es sogar 2 Stunden sein. In dieser einen Stunde mache ich meinen Kopf frei. Habe ich früher noch den Fehler gemacht, Haushalt oder Essen zu machen, versuche ich diese kurze Zeit nun ganz bewusst für mich zu nehmen.
Am Abend, wenn dann der Mann von der Arbeit kommt und auf die Kinder aufpasst, schaffe ich es dann den Haushalt zu machen, Wäsche zu waschen, Müll raus zu bringen und andere Dinge die anstehen zu erledigen.
Manchmal frage ich mich, was zum Teufel ich mit der ganzen Freizeit gemacht habe, als ich noch Vollzeit gearbeitet habe und meist um 17 Uhr daheim war. Seit ich außerdem zwei Kinder unter zwei habe, merke ich, dass ich mit einem Kind fast nie überfordert war. Klar, auch hier war meine Freizeit stark eingeschränkt, aber ich hatte dennoch mehr Freizeit und konnte mehr unternehmen. Die kleine Raupe konnte ich gut und gerne mal bei einer meiner Schwestern abgeben. Mit dem Baby ist das jetzt (erst einmal) nicht möglich.

Zwei Kinder unter zwei: Würde ich das nochmal machen?
Meine Antwort lautet definitv JA!
Es gibt, wie gesagt, diese unglaublich anstrengenden Tage und auch viele schlaflose Nächte. Und ja, ich merke oft wie ich in die Schiene „Wenn .. dann..“ rutsche. Zum Beispiel denke ich mir oft, wenn das Baby größer wird, dann werden beide friedlich miteinander spielen und ich habe mehr Freizeit am Tag. Klar, man soll den Moment genießen, weil die Kleinen so unglaublich schnell groß werden. Aber ganz ehrlich, das ich nicht immer möglich und ich persönlich finde es absolut ok in manchen Situationen so zu denken.
Mit dem Wissen und der Erfahrung von heute würde ich mich erneut für zwei Kinder unter zwei entscheiden. Für mich ist es das schönste auf der Welt, wenn ich meine beiden Mädchen zusammen sehe, wie sie aufeinander reagieren und jetzt schon eine Einheit sind. Wie sie miteinander lachen und wie das Baby versucht alles nachzumachen, was unsere kleine Raupe Nimmersatt macht. Da ich selber drei Schwestern mit geringem Altersabstand habe, weiß ich, wie unglaublich wertvoll es ist, jemanden zu haben mit dem man groß wird und der immer für einen da ist. Meine Schwestern sind gleichzeitig auch meine besten Freundinnen. Und genau das wünsche ich mir für meine Töchter.

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